AUSFLUG IN DEN NAHEN OSTEN

Die Negevwüste in Israel ist Heimat von über 200.000 Beduinen. Trockene Erde, stille Landschaften. Das Leben dort ist wie ein Pulverfass: Hauszerstörungen, schlechte Bildung, Wut, starre Tradition und eine der höchsten Geburtenraten der Welt. Der Münchner Fotograf Stefan Loeber hat die dort lebenden Beduinen mit der Kamera begleitet. Er lebte mehrere Monate in Israel und tauchte tief in die Lebenswelt der Beduinen ein. In seinen Fotos zeigt er die Zerrissenheit zwischen starrer Tradition und moderner westlicher Welt. Aus diesem Langzeitprojekt ist ein Bildband entstanden, der am 16. Dezember im Köşk offiziell vorgestellt und von einer Ausstellung mit 25 seiner Fotos begleitet wird. Für den Blog haben wir ihm ein paar Fragen gestellt.

Wer bist du und wie bist du zum Fotografieren gekommen?

Ich bin Stefan und arbeite als selbstständiger Fotograf. Nach der Schule habe ich eigentlich etwas ganz anderes gemacht und bin nur durch einige Zufälle aufs Fotografieren gekommen. Dass man das studieren kann, wusste ich lange überhaupt gar nicht…

Wie entstand die Idee, die Beduinen fotografisch zu begleiten?

Ich lebte letztes Jahr für mehre Monate in Israel. Meine Freundin kommt ursprünglich aus der nähe von Tel Aviv. Kurz nachdem wir angekommen waren, hat mich ihre Tante zu einem Lachyogakurs in die Wüste mitgenommen, damit ich davon Fotos mache. Bei der Autofahrt dorthin sah ich plötzlich neben dem Highway die einfachen Hütten eines Beduinenstammes und ich hatte sofort die Intuition: Dort will ich hin. Es kam mir wie ein unwirklicher Ort vor, zu dem man als Außenstehender normalerweise keinen Zugang bekommt. Es gibt Beduinen, die wie vor 100 Jahren leben, tief religiöse Menschen, mutige Frauen, die kreativ für mehr Mitgestaltung und ihre Rechte kämpfen, reiche und gebildete Menschen, die überall leben könnten. Menschen, die den israelischen Staat hassen und ablehnen, und genauso Menschen, die sich nichts mehr wünschen, als gleichberechtigt miteinander umzugehen. Ich habe schnell gemerkt, dass „der Beduine“ ein sehr weitläufiger Begriff ist.

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Wie sind die Werke dann entstanden?

Dort Zugang zu bekommen war wirklich nicht ganz einfach. Viele Ortschaften sind Fremden gegenüber isoliert – man kann sich nicht unbedingt frei bewegen und unerlaubt fotografieren geht nicht. Mit der Zeit lernte ich immer mehr Leute kennen und wurde dann von einem Kontakt zum nächsten weitergereicht. War man erstmal akzeptiert, war die Gastfreundschaft stets sehr groß und berührend. Soviel Kaffee habe ich noch nie getrunken.

Wie kam daraufhin das Buch zustande?

Das Buch ist gleichzeitig auch meine Bachelorarbeit. Für mich war, bevor ich nach Israel kam, klar, dass ich dort eine große Arbeit machen will, die mit einem Buch enden soll. Eine konkrete Idee hatte ich bewusst aber noch nicht. Für mich war es auch das erste Mal, dass ich in diesem Land war. Anfangs war Kriegszustand und ich ich konnte dann eine Zeit lang nicht mehr zu den Beduinendörfern fahren. Ich suchte schon nach anderen Themen, aber mich ließ diese Lebenswelt nicht los. Es fasziniert mich bis heute.

Was erwartet die Besucher*Innen?

Israel polarisiert und interessiert viele Menschen – trotzdem ist das Thema für viele gänzlich unbekannt und wirft viele Fragen auf. Meine Arbeit konnte ich inzwischen schon vielen Menschen zeigen – die meisten sind sehr überrascht und interessiert. Genau diese Reaktionen sind mir auch wichtig. Mir war wichtig einen tiefen Einblick in die sozialen und gesellschaftlichen Probleme der Beduinen aufzeigen, ohne vereinfachte Wahrheiten aufzeigen.

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Gibt es weitere Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung?

Ich werde bei der Vernissage am 16.12. eine kurze Einführung zusammen mit der Georg-von-Vollmar-Akademie geben, die im Bereich der politischen Bildung aktiv ist und die Ausstellung unterstützt. Danach gibt es gute Musik, ich werde das Buch offiziell vorstellen und gerne auch signieren. Außerdem gibt es eine gemütliche Leseecke, wo man sich das Buch in aller Ruhe ansehen kann.

Mit welchen Themen setzt du dich darüber hinaus auseinander und warum?

Meine Freundin ist Theaterregisseurin und im Sommer haben wir schon einmal zusammengearbeitet. Ein Theaterstück in einer Galerie. Vielleicht gibt es davon einmal wieder eine Fortsetzung… Im April wollte ich wieder nach Israel für ein größeres Projekt. Was das ist, verrate ich aber noch nicht!

Gibt es eine Frage, die dich gerade besonders bewegt?

Eine? Viele!

Welcher Künstler hat dich besonders beeindruckt?

Sebastiao Salgado hat mich immer wieder beeindruckt und ist wegen der aktuellen Ausstellung in der Versicherungskammer weit vorne.

BEDOUIN
Eine Ausstellung von Stefan Loeber
Vernissage: 16. Dezember, 19 Uhr
Öffnungszeiten: Do 17.12. – So 20.12 sowie Di 22.12. von 11-20 Uhr
Lesung: So 20.12., 19 Uhr „Kein Wort zum glücklichen Menschen“ – Texte von Hanoch Levin und Werner Schwab