AUSDRUCK IST ALLES IST NICHTS

Was bleibt? Was berührt wirklich? Ausgehend von vier Werken, die ab 8. Juli in der Ausstellung THE FUTURE IS THIS – AT A DIFFERENT TIME zu sehen sind, beantworten die Künstler David le Viseur und Michael Pfitzner vier Fragen zu ihrem Kunst- und Weltverständnis und ermöglichen dem Betrachter einen Blick hinter das offensichtlich Sichtbare.

 

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1. Studies for an Illumination: Wo endet Malerei, wo beginnt Fotografie et vice versa?

DAVID LE VISEUR: Ich finde es sehr merkwürdig, dass sich Künstler heute noch mit einem Medium identifizieren. Dass angenommen wird, es gäbe hier implizite Wert-Hierarchien. Das ist fürchterlich provinziell und altmodisch. Es gibt nur ein Medium, auf dem Kunst operiert: Das Gehirn/Bewusstsein von Menschen. Künstlerische Medien haben ihre Laster und Tugenden, aber das Wesentliche ist etwas anderes: Kunst ist das Spiel mit – jedem – mentalen Gehalt. Kunst ist größer als alle Medien.

MICHAEL PFITZNER: Manche Bilder, z.B. die “Studies for an Illumination”, entstehen wie Malerei und Performance. Sie dauern länger im Betrachter als viele Videos. Es ist nicht “Fotografie”, bloß, weil eine Kamera beteiligt war. Dasselbe gilt für alle Werke, die wir zeigen.

DLV: Es geht immer um den ästhetischen Gegenstand, um einen bestimmten Witz, etwas, das Click! macht, wie David Foster Wallace sagte.

 

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2. Der Aufhaltsame Lauf der Dinge: Wie macht Kunst das Scheitern erträglich?

DLV: Scheitern wird nicht einfach –  Simsalabim! – durch Kunst erträglich. Es ist vertrackter.

MP: Vielleicht macht Kunst manchmal sogar das Gelingen unerträglich.

DLV: Und dann vermischt sich Beides, Scheitern wird Gelingen wird Scheitern.

MP: Selbst, wenn man plant, dass etwas schiefgeht, geht auch das schief.

DLV: Also: Meta-Fail. Denn das war die Idee zum Film: Das Scheitern einer Rube-Goldberg-Maschine zu zeigen. Eine Neu-Interpretation des legendären „Lauf der Dinge“ von Fischli und Weiss. Aber es geht nicht alles automatisch. Man muss helfen, es geht daneben. Das ist interessanter und viel realistischer.

MP: Aber es ging dann ganz anders schief, als wir wollten, und es funktionierten auf einmal Dinge, die scheitern sollten.

DLV: Also, Scheitern sogar des Scheitern-Wollens. Es ist zum Verrücktwerden, zum Traurigwerden, oder Lachen.

MP: Oder einfach der aufhaltsame Lauf der Dinge.

 

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3. Es kommt auf den Ausdruck an: Manifestiert sich im künstlerischen Ausdruck die Seele des Künstlers?

MP: Ich habe das mit dem “Ausdruck”, dem “Ausdrücken” in der Kunst nie verstanden. Die Leute scheinen ernsthaft zu denken, das wäre eine wörtlich zu nehmende Beschreibung dessen, was der Künstler macht. Aber wie soll das gehen? Wo ist das, was ausgedrückt wird, vorher? Und eine Seele gibt’s einfach nicht. Außerdem wäre das mit dem Ausdrücken dann noch schwieriger.
Deshalb erhängt sich die Banane und drückt sich so aus.

 

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4. Pop Portraits: Scheint in Portraits der Wesenskern des Abgebildeten auf – warum (nicht) und wie?

DLV: Portrait-Bilder sind keine einfachen Spiegel. Eher Mehrwegspiegel. Der Portraitierte, der Betrachter, der Künstler spiegeln sich wechselseitig in einem Bild. Aber das bemerkt man selten. Interessant wird’s, wenn die konventionell angenommenen Relationen nicht wie erwartet funktionieren. Zum Beispiel, wenn man Gesichter sieht, wo keine sind. Das Phänomen kennt jeder, man nennt das Pareidolie: Jesus oder Elvis in einem Toast sehen. Und das dann anbeten oder versteigern. Das passiert bei Religion, im Pop und in der Kunst. Oder eben in diesen Bildern.

 

THE FUTURE IS THIS – AT A DIFFERENT TIME
Ausstellung von David le Viseur und Michael Pfitzner
9. bis 17. Juli, Do– So 16-19 Uhr & nach Vereinbarung (info@dlvmp.com)

Vernissage 8. Juli 2016 ab 18 Uhr
Finissage 17. Juli 2016 ab 16 Uhr
Podiumsdiskussion:  Kunstausstellungen – Ein analoges Relikt in der digitalen Welt?
17 Juli, 18.00 Uhr

www.dlvmp.com