WO ZITRONEN SKATEBOARD FAHREN

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Die Künstler und Werke sind schon eingetroffen, die erste Gruppenaktion im Mixed Munich Arts am 10. Oktober bereits über die Bühne – gespannt freuen wir uns auf die Ausstellung KLUB7. BEHIND THE BLOCK, die am 16. Oktober um 18 Uhr im Köşk eröffnet wird. Wir sprachen vorab mit Franziska Lietzmann, die die Ausstellung KLUB7. BEHIND THE BLOCK kuratiert hat. Die Kunsthistorikerin ist seit Studienzeiten mit dem Künstlerkollektiv KLUB7 befreundet. Sie arbeitete für unterschiedliche, auch internationale Galerien, Sammler und Kunstmessen wie die Stroke Art Fair.

Hallo Franziska! Erkläre doch mal – was ist der KLUB7?
KLUB7, das ist eine Künstlergruppe aus Halle (Saale) und Berlin, die nun schon seit über 17 Jahren zusammenarbeitet. Die sechs Mitglieder, fünf Männer und eine Frau, sind alle um die 35 Jahre alt. Ganz am Anfang waren sie zu siebt, daher der Name. Mittlerweile ist Sarah dazugestoßen, die Assistentin – der KLUB ist somit zahlenmäßig wieder vollständig. Fünf der Kreativen kennen sich bereits seit der Schulzeit in Halle (Saale), wo sie über das Sprayen zusammen fanden. Diesen Graffiti-Background kann man noch an den Künstlernamen erkennen. Da haben wir Diskorobot, Kid Cash, Mike Okay, Dani Daphne, Lowskii und Otto Baum. Gemeinsam studierten sie Design in Halle. Otto Baum, der in Berlin aufgewachsen ist, studierte dort Textil- und Flächendesign.
KLUB7 als Künstlerkollektiv entstand aus der Idee und dem Wunsch heraus, das künstlerische Arbeiten zu professionalisieren. Nach wie vor ist die Arbeit im öffentlichen Raum ein Schwerpunkt der künstlerischen Tätigkeit der Gruppe. Durch das Studium und das beständige Experimentieren mit verschiedenen Materialien und Techniken hat KLUB7 mittlerweile ein breites Spektrum an Arbeiten geschaffen. Sie haben einen charakteristischen Stil entwickelt, der aber nicht zwangsläufig immer wiedererkennbar ist. Zum Beispiel gibt es diese riesigen KLUB7-Wandbilder, das letzte ist an einer 35 Meter hohen Wand in Berlin entstanden. Für derartige Bilder erarbeiten sie zuvor einen Entwurf und dann braucht das ein paar Tage, um mit Farbe auf die Wand übertragen zu werden. Lieber arbeiten sie jedoch spontan und experimentieren mit Materialien.

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Wie läuft das dann ab? Hast du ein Beispiel für uns?
In Wittenberg waren sie eingeladen für das Cranach-Jubiläum eine Arbeit zu machen in einem ehemaligen Wohnhaus des Renaissance-Künstlers. Da haben sie vorher lediglich entschieden, dass sie eine Installation machen wollten. Vor Ort haben sie dann das alte Gebäude auf sich wirken lassen und erst dann entschieden, wie die Arbeit aussehen soll. Das ist wirklich eine tolle Arbeit geworden, aus den Fenstern sieht man Buchstaben blitzen und bunte abstrakte Formen ziehen sich über die Fassade. Ich habe mit einigen Leuten gesprochen, die KLUB7 ebenfalls lange kennen und die überrascht waren, dass diese Installation von ihnen ist. Das meine ich damit, KLUB7-Arbeiten sind nicht zwangsläufig wiederzuerkennen. Diese spontane und spielerische Herangehensweise ist typisch für KLUB7. Seit einigen Jahren arbeiten sie auch mit Straßenkreide im öffentlichen Raum. Damit können sie natürlich noch unmittelbarer agieren. Du siehst einen Spot, der dich beeindruckt und kannst sofort anfangen. Diese Zeichnungen sind aber nicht von Dauer, mit dem nächsten Regen sind sie fortgespült. So eine Kreidezeichnung auf der Straße sieht dann auch ganz anders aus als die anderen KLUB7-Arbeiten. Sie ist viel abstrakter, in anderen Arbeiten auf der Leinwand kommen auch bildliche Motive vor oder Typografie.

Wie findet KLUB7 Flächen zum Gestalten? An welchen Orten arbeitet KLUB7?
Durch das Arbeiten mit Kreide ist fast überall an öffentlichen Stellen eine künstlerische Intervention möglich. Aber KLUB7 erhält auch Aufträge für Wand- oder Fassadengestaltungen. Die Gestaltung geht aber immer von den örtlichen Besonderheiten aus – bevor es losgeht, begeben sich die Künstler auf Inspirations- und Spurensuche direkt vor Ort, um passende Materialien oder Motive zu entdecken. So entsteht jedes Werk direkt abgestimmt auf den Entstehungsort.

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Woher kam die Idee zur Ausstellung?
Es gibt nicht viele Künstlergruppen, mit diesem Background, die über einen so langen Zeitraum zusammen aktiv sind. Da war es also spannend, einmal innerhalb der Gruppe zurück zu blicken, auf die gemeinsame Zeit bisher, und darauf, wie diese Gruppe funktioniert. Und gleichzeitig aber auch sozusagen historisch zurück zu blicken – auf die Gesellschaft, auf die eigenen Biografien. Zunächst war der Ansatz völlig offen, wie die Ausstellung aussehen könnte. Im Denk- und Arbeitsprozess entpuppte sich dann die Kindheit und Jugend zum Ende der DDR, und die ersten Jahre nach der Wende, als zentrales Motiv, an dem weitergearbeitet wurde.

Und wie entstanden die Werke?
Die Künstler haben ungefähr ein Jahr rund um dieses Thema gearbeitet. Wir haben viel in den Erinnerungen gegraben, z.B. hat jeder Erinnerungsstücke von früher mitgebracht, alte Tagebuchnotizen, Kassetten, die ersten Zeichnungen. Durch das Jubiläum 25 Jahre Deutsche Einheit gab es natürlich viele Reportagen. Über die haben wir uns ausgetauscht, natürlich über die eigenen Erlebnisse. Das war ein spannender Prozess, weil es sehr persönliche Geschichten sind, die da auf den Tisch kommen. Jeder der Künstler hat dann für sich sich entschieden, wie und mit welchen Materialien er arbeiten wollte. Sonst, wenn sie gemeinsam an einem Bild arbeiten, wird zusammen entschieden und diskutiert, wie man weiter vorgeht. Das war diesmal etwas anders. Jeder konnte für sich austesten und experimentieren. Trotzdem haben die Sechs sich auch mal bei den anderen Rat geholt. Wenn man überlegt, dass sie seit über 17 Jahren mit einander arbeiten, ist das ganz klar. Man ist gewohnt, mit dem Feedback des Kollegen und Freundes zu arbeiten. Das ist wie eine erste Bewährungsprobe. Und noch eines ist wichtig: In diesem einen Jahr hat jeder Einzelne durch die Arbeit an den eigenen Bildern sich künstlerisch weiterentwickelt, z.B. neue Motive gefunden oder eine neue Lieblingstechnik. Und das fließt am Ende wieder in die Gemeinschaftsarbeit ein, die so neue Impulse bekommt. Neben den 90 Arbeiten, die wir ausgewählt haben, gibt es deshalb in der Ausstellung auch eine Gemeinschaftsarbeit auf Leinwand zu sehen. Die ist mit 4 x 4 Metern für KLUB7 eher kleinformatig, verglichen mit den Fassadengestaltungen im öffentlichen Raum. Auf unserer ersten Ausstellungsstation in Berlin musste dieses Werk aufgrund der räumlichen Gegebenheiten schräg im Raum installiert werden, da der Raum nicht hoch genug war.

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Was erwartet die Besucher der Ausstellung?
Auf den ersten Blick sind teilweise lustige, teilweise absurde Werke zu sehen, doch hinter allen versteckt sich eine tiefere Geschichte oder biographische Anekdote. Um ein paar konkrete Beispiele zu geben: Discorobot, der sich künstlerisch gerne mit Strukturen und Flächen beschäftigt, setzt sich in Lithographien mit dem Hip-Hop-Einfluss und der DDR-Plattenbaumodellstadt Halle-Neustadt, in der er aufgewachsen ist, auseinander. Oder Mike Okay, der alles Mögliche aus seiner Kindheit gesammelt hat, verarbeitet diese Dinge, aber auch Passagen aus Songtexten, auf der Leinwand zu ganz absurden Bildszenen. Wirklich absurd, zB. sieht man in einem seiner Bilder eine Zitrone mit Mickey-Mouse-Ohren auf einem Skateboard fahren, die Milch schlürft und einem das Victory-Zeichen entgegen streckt. Das ergibt gar keinen Sinn, wenn man das hört. Es ist aber ein tolles Bild. Otto Baum experimentiert mit alten Holzbausteinen, Dani Daphne arbeitet illustrativ, Lowskii lässt alte Zeichentrick-Helden wieder auferstehen und Kid Cash greift seine kindliche Faszination für den Weltraum und Sprühtechniken auf.

Ihr bietet auch einen Workshop für Jugendliche an – für wen ist der geeignet, was machen die Teilnehmer da?
Wer mitmachen will und zwischen 11 und 17 Jahre alt ist, kann mit den KLUB7-Künstlern nicht nur verschiedenen Materialien kennen lernen, sondern auch die jeweiligen Techniken anwenden. Denn mit Sprühdose, Acrylfarben, Markern und Kreide können ganz unterschiedliche Effekte erzielt werden. Die Teilnehmer können mit all dem experimentieren und der eigenen Kreativität freien Lauf lassen. Am Ende des Workshops kann jeder sein Bild mitnehmen. Wenn genug Teilnehmer kommen und die Zeit reicht, soll auch ein Gemeinschaftsbild entstehen!

KLUB7. BEHIND THE BLOCK
Vernissage 16. Oktober ab 18 Uhr
Ausstellung 17. bis 29. Oktober,  Mi–So 12 bis 20 Uhr
Workshop 24.10., 10-16 Uhr
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Klub7 Website