FÜNF FRAGEN AN VIER FOTOGRAFEN

Nächste Woche startet die Ausstellung SÜD, ein Gemeinschaftsprojekt von vier jungen Fotografen, die Bilder von verschiedenen Kontinenten zeigen und damit den Sehnsuchtsort Süden einzufangen versuchen. Oder gerade zeigen, dass er nicht mehr ist als das – ein Sehnsuchtsort, der in der Realität ganz unterschiedliche Gesichter hat und bei weitem nicht nur Urlaubsidylle darstellt. Wir haben den Vieren ein paar Fragen gestellt, um mehr über ihr Arbeiten und Reisen zu erfahren.

Max Rempe

maxrempe
Wohin führte dich deine letzte Reise und was hast du dort fotografiert?
Zuletzt war ich in Kalifornien, dort habe ich am „Pismo Beach“, einem der wenigen Nationalparks an der Westküste, in dem man den Strand mit Fahrzeugen befahren darf, fotografiert. Mit einer Hasselblad 500cm habe ich die Vorbereitungen für den amerikanischen „Labour Day“-Feiertag dokumentiert, den dort viele mit ihren riesigen Wohnmobilen am Strand verbringen. Die ersten kommen schon eine Woche zuvor, um sich gute Plätze zu sichern.

Welche Rolle spielt die/das Fremde für dich beim Finden von Motiven? Was ist die/das Fremde für dich?
Das Fremde und Ungewohnte finde ich deutlich interessanter als Dinge, die man tagtäglich vor sich sieht. Das fällt mir jedesmal auf, wenn ich mit Leuten in München unterwegs bin, die von weit weg kommen. Die Begeisterung anderer für Dinge, die wir jeden Tag sehen und oft gar nicht mehr bewusst wahrnehmen, freut mich und zeigt mir, dass man aber dennoch in allem Motive entdecken kann oder könnte. Trotzdem finde ich es spannender zu reisen und dort zu fotografieren. Fremd ist dabei denke ich vieles, das nicht der Erwartung, oder dem Alltäglichen entspricht.

Was macht einen Ort spannend, um ihn fotografisch festzuhalten?
Ich finde Orte spannend, die „absurd“ wirken. Weite Landschaften die durch Menschen verändert/gestört werden. Oft reicht ein Element dafür aus.

Inszenierst du die Orte? Warum, bzw. warum nicht?
Ich verändere nichts. Aber durch die Wahl meines Bildausschnitt beeinflusse ich natürlich die Situation. Ich finde es fast immer spannender, nur Beobachter zu bleiben. Zumindest bei freien Projekten.

Wie gelingt es dir, mit der Kamera Emotionen und Stimmungen einzufangen?
Das müssen andere sagen, ob mir das gelingt. Von mir selbst würde ich sagen, dass ich ziemlich „emotionslos“, oder besser gesagt neutral, fotografiere.

 

Stefan Loeber

Stefan Loeber im urlaubself
Wohin führte dich deine letzte Reise und was hast du dort fotografiert?
Ich war zuletzt in Argentinien, Bolliven und Peru. In La Paz/Bolivien haben mich die Leute und die Stimmung auf der Straße gepackt. Die Blicke der Leute haben mich gefesselt und ich habe begonnen diese unauffällig zu fotografieren. Keiner bekam mit, dass ich auf den Auslöser drückte – so entstanden Bilder, auf die ich als Fotograf viel weniger Einfluß hatte.

Welche Rolle spielt die/das Fremde für dich beim Finden von Motiven? Was ist die/das Fremde für dich?
Etwas fremdes ist natürlich auch etwas neues. Neues weckt die Sinne und man hat einen viel genaueren, neugierigeren Blick.

Was macht einen Ort spannend, um ihn fotografisch festzuhalten?
Die Menschen an diesem Ort.

Inszenierst du die Orte?
Wie gesagt, ich habe bei dieser Arbeit eher versucht mich unsichtbar zu machen, als bewusst auf die Situation einzuwirken.

Wie gelingt es dir, mit der Kamera Emotionen und Stimmungen einzufangen?
„Ein Portrait ist auch immer ein Selbstportrait“ – dies wollte ich bei dieser Arbeit bewusst nicht verfolgen, sondern versuchte, unsichtbar zu bleiben. Sie zeigen einen flüchtigen Moment, der jedoch viel über die Menschen erzählt.

 

Julius Matuschik

juliusmatuschik
Wohin führte dich deine letzte Reise und was hast du dort fotografiert?
Meine letzte Reise führte mich nach Beirut, ich wollte diese Stadt nur zum ersten Mal besuchen und erleben, ich hab daher nur ein bisschen „mitgeknipst“.

Welche Rolle spielt die/das Fremde für dich beim Finden von Motiven? Was ist die/das Fremde für dich?
Für mich umfasst das „Fremde“ alles, was ich noch nicht kenne oder noch nicht verstanden habe. Ich möchte für mich persönlich so viel wie möglich in „fremde“ Welten eintauchen, „fremde“ Kulturen erleben etc. Nur so kann ich Vorurteile abbauen und meinen Horizont erweitern. Das Fremde als Motiv ist für mich sehr wichtig, denn die Kamera ist für mich ein Hilfsmittel, das „Fremde“ verstehen zu lernen. Und vielleicht kann ich durch meine Fotografien meine persönlichen Erfahrungen weitergeben.

Was macht einen Ort spannend, um ihn fotografisch festzuhalten?
Ich denke, jeder Ort kann spannend sein. Oft ist es die Herausforderung, einen scheinbar unspektakulären Ort ins richtige Licht zu rücken.

Inszenierst du die Orte? Wenn ja, wie? Und warum bzw. Warum nicht?
Ich versuche ohne Inszenierungen auszukommen. Trotzdem gibt es Situationen oder Orte, die man zum falschen Zeitpunkt aufsucht. Oft hilft es nochmal wiederzukommen, wenn das Licht anders steht oder der jeweilige Ort sich anderweitig verändert hat, sozusagen die Zeit als Mittel der Inszenierung zu nutzen.

Wie gelingt es dir, mit der Kamera Emotionen und Stimmungen einzufangen?
Ich glaube, man kann mit der Kamera Emotionen und Stimmungen einfangen, wenn man einerseits das Medium Fotografie und seine Wirkungsweise kennt, aber genauso eine Situation bzw. einen Ort und dessen Atmosphäre durchdrungen und verstanden hat.

 

Stephan Rapke

STEPHAN_RAPKE_Buffalo

Wohin führte dich deine letzte Reise und was hast du dort fotografiert?
Meine letzte Reise führte mich nach Südafrika und dort von Kapstadt über Johannesburg nach Nelspruit in der Nähe des Krüger Nationalparks. In den ersten zwei Wochen der Reise war ich auf der Suche nach Bildern für die SÜD Ausstellung, doch es waren zu viele neue Eindrücke und ich hatte das Gefühl, dass ich lieber mit dem Moment gehe, statt zu fotografieren. Die letzte Woche der Reise verbrachten wir im Krüger Nationalpark. Dort entstanden dann auch die beiden Bilder von den Skeletten zweier Büffel, welche ich zufällig gefunden hatte. Das erste Skelett lag relativ nahe am Straßenrand und ich musste sofort anhalten, um mir die Szene genauer anzuschauen und zu fotografieren. Das Aussteigen aus dem Auto ist im Nationalpark eigentlich verboten; doch um das Bild zu machen, musste ich näher an das Motiv, um die richtige Perspektive zu finden. Jetzt hatte ich ein Bild im Kasten und ich dachte, dass ein Bild zu wenig ist, um es für die Ausstellung zu verwenden. In den nächsten Tagen hat sich dann auch kein neues Motiv gefunden und es schien, als würde sich auch nichts mehr auftun. Wir hatten noch einen Morning Walk mit einem Ranger gebucht, bei dem man zu Fuß durch die Steppe laufen und abseits von den Autorouten den Park entdecken kann. Nach ca. einer Stunde Fußmarsch entdeckte ein Teilnehmer der Gruppe auf der anderen Seite eines Flusses einen Löwen auf einer Hochebene und wir nahmen die Fährte auf, um ihm zu folgen. Als wir dann den Fluss überquert hatten, entdeckte ich in der Ferne das Skelett eines Büffels, um den die sich die Geier rissen. Ich hoffte, dort hin zu gehen und die ganze Gruppe schlug die Richtung ein, das Skelett aus der Nähe zu begutachten. Das war meine Chance, um das zweite Bild für die Ausstellung zu fotografieren.

Welche Rolle spielt die/das Fremde für dich beim Finden von Motiven? Was ist die/das Fremde für dich?
Das Fremde und Unbekannte spielen ein große Rolle für meine Arbeit, nicht nur um neue Motive zu finden, sonder um neue Eindrücke und Inspirationen zu erleben, aus denen dann unabhängig vom Land wiederum etwas Neues entstehen kann. Das Fremde ist für mich wie das neugierige Öffnen einer Tür, hinter der man nicht weiß, was einen erwartet.

Was macht einen Ort spannend, um ihn fotografisch festzuhalten?
Ein Ort ist dann spannend für mich, wenn er mich fesselt und magisch anzieht. Diese Momente kann man nicht planen. Es kann sein, dass man denkt, an dem und dem Ort könnte sich ein Bild ergeben und dann steht man an dem Ort und es passiert gar nichts und man hat sich das ganz anders vorgestellt. So erging es mir auch auf der Südafrikareise. Die Städte waren voll mit Motiven und man hätte alles fotografieren können, doch irgendwie hat mich nichts so richtig bewegt, die Kamera in die Hand zu nehmen. Erst die Skelette in der Ödnis haben mich dann richtig fasziniert.

Inszenierst du die Orte? Wenn ja, wie? Und warum bzw. Warum nicht?
Für eine Videoarbeit, welche ich 2015 im Januar am Times Square in New York gemacht habe, plante ich das komplette Projekt schon im Voraus von Deutschland aus. Mein Ziel war es, 360° Videopanoramen von einem ausgewählten Standpunkt am Times Square über mehre Tage zu verschiedenen Tageszeiten zu machen, welche ich dann später ineinander überblenden kann. Dafür schaute ich mir täglich im im Internet die Livebilder von den Webcams am Times Square an, um herauszufinden, zu welchen Zeiten die Ampeln schalten und von wo aus ich am besten filmen werde. Zusätzlich versuchte ich eine Drehgenehmigung zu bekommen, womit ich aber keinen sichtlichen Erfolg hatte. Ich bin dann trotzdem hingeflogen und vor Ort lief dann eigentlich wieder alles anders als gedacht. Ich war eher damit beschäftig, dass mich die Cops nicht schon wieder vom Platz vertreiben, da man dort eigentlich nur mit Genehmigung filmen darf und ich natürlich jeden Tag aufs neue mit auffällig viel Equipment angerückt bin. Im Endeffekt hatte ich nach neun Tagen aber alles im Kasten und es ist besser geworden, als ich es mir je ausgemalt hatte. Somit ergab sich eine Kombination aus Inszenierung und Improvisation.

Wie gelingt es dir, mit der Kamera Emotionen und Stimmungen einzufangen?
Indem ich die Kamera auf das richte, was mich persönlich bewegt. Die Kamera ist für den Fotograf das Werkzeug, um seine Emotionen auszudrücken und zu transportieren. Wie diese wiederum dann wahrgenommen werden, ist nochmal ein anderes Thema.

 

SÜD
Fotos von Stefan Loeber, Julius Matuschik, Stephan Rapke, Max Rempe
12. bis 21. Februar 2016
16-20 Uhr, 15./16. Februar geschlossen
Vernissage 11. Februar 2016 // ab 19:30 Uhr